Impuls für die Woche

Liebe Christinnen und Christen im SSB Hofer Land und darüber hinaus,

liebe Freunde und Bekannte,

liebe E-Gemeinde,

 

„mein rechter, rechter Platz ist leer ich wünsche mir den/die … her“ –

so die Aufforderung in einem Kinderspiel.

Schwierig nur, wenn Kinder mitspielen, von denen mehrere den gleichen Vornamen haben…

… dann ist die Platznahme alles andere als ein Kinderspiel und es kommt zum Gerangel und manchmal fließen auch Tränen.

 

Um Plätze, Posten und Positionen geht es auch in unserem Leben, in Politik und Kirche, darum, wer Karriere macht und einen „Spitzenplatz“ hat…

… als Trainer oder (Welt-)Fußballchef, oder eben nicht (mehr),

… als Minister(in), der/die gemäß dem eigentlichen Wortsinn der Titels „Diener(in)“ sein sollte,

… als Bischof oder Kardinal – obwohl diejenigen meist vorgeben, dass sie dieses „Dienst-Amt“ gar nicht angestrebt haben.

 

Jesus ist wegweisend, was den „richtigen Platz“ angeht…

… wenn er den Armen, Schwachen und Sündern zu einem partizipativen Leben verhilft,

… wenn er den Jüngern nicht den Kopf sondern die Füße wäscht und damit ein Beispiel des Dienens gibt

… wenn er sich aufs Kreuz legen lässt, um die Menschen zu retten und zu erlösen.

 

Papst Gregor der Große († 604) fasst diese Haltung (nicht nur) für den Dienst des Priesters kurz und knapp zusammen:

Non praeesse, sed prodesse – nicht herrschen, sondern dienen – nicht den anderen vorrangig sein, sondern für sie da sein.

Dieser Satz könnte auch gut über dem heutigen Sonntagsevangelium und dem angehängten „Impuls für die Woche“ dazu stehen und auch über den folgenden Fragen:

  • Wo habe ich Einfluss und Macht und wie setze ich diese ein? Über andere oder für andere?
  • Wo und wie kann ich anderen an „meinem Platz“ dienlich oder „zu Diensten“ sein?
  • Bin ich auf dem „richtigen Platz“ oder steht ein „Platzwechsel“ an?

Eine angenehme Lektüre und Zeit zum Nachdenken und Umsetzen.

 

Dir/Ihnen/Euch allen einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Dieter G. Jung

Stellvertreter des Leitenden Pfarrers

Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land

zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau

Predigt - 29. Sonntag im JK; LJ B

Hebr 4,14-16 + MK 10,35-45

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!

Die besten Plätze sind noch frei! – eigentlich eine Seltenheit, denn im Theater sind Logenplätze meist sehr schnell vergriffen; auch bei Popkonzerten bekommt man(n) und frau nur schwer einen Platz in der ersten Reihe. Vor einigen Jahren habe ich bei einer Opernaufführung in Verona einen Platzstreit mitbekommen: auf den „billigen Plätzen“, dort wo freie Platzwahl herrscht, hat eine Familie „gute Plätze“ durch ihre Kissen reserviert und ist wieder gegangen. Als sie nach über einer halben Stunde wiederkamen, saßen Andere auf „ihren Plätzen“, die sie so sicher glaubten, durch die unerlaubte Reservierung, die sie vorgenommen hatten – an diese Urlaubsepisode musste ich beim Lesen des heutigen Evangeliums zurückdenken.

Sich durch „Besetzthalten“ selbst einen guten Platz zu sichern, oder sich durch vorschnelle Platznahme auf Plätzen, die für andere vorgesehen sind, einen Spitzenplatz ergattern, das wollen auch Jakobus und Johannes. Sie sind nicht die ersten, die Gott fragen, welche Plätze für sie bereitet sind.

Aber gibt es wirklich Menschen, die sich diese Frage nicht stellen? Frage ich mich nicht auch, wo der Platz ist, an dem ich mich und meine Fähigkeiten gut einbringen kann? Es ist ganz natürlich, diese Frage zu stellen hier auf Erden und auch für unsere Zukunft im Himmel. Denn, wenn ich an

Gott, den Vater im Himmel glaube, dann hat mein Leben einen Sinn und eine Richtung – dann sind die Suche und die Frage nach einem guten Platz sinnvoll. Mein Leben aber wird nur dann zur Fülle kommen, wenn ich nicht gegen, sondern mit Jesus Christus den Weg suche; wenn ich nach dem Willen Gottes frage. Gott allein bestimmt, wer wo sitzt, und wer, welchen Platz einnimmt: „Den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die es bestimmt ist“ (Mk 10,40).

Die Antwort Jesu ist kein Platzverweis; sie zeigt vielmehr, dass wir nicht immer die Plätze bekommen, die wir uns zutiefst wünschen. Jesus hört aus der Frage der beiden Jünger nach den „Plätzen an seiner Seite“ nicht nur das Streben nach den „besten Plätzen“; er hört auch heraus, dass sie ihm dauerhaft nahe sein wollen. Jakobus und Johannes sind Jesus nicht blind nachgelaufen, sondern sind voll Vertrauen mit ihm gegangen und ihm nachgefolgt. „Ihr wisst nicht, um was ihr bittet“ (Mk 10,38), antwortet Jesus auf ihre Platzfrage. Das Wort vom Kreuz und vom Leiden-Müssen in Jerusalem hatte Jesus zwar schon mehrfach gesagt, aber Jakobus und Johannes wissen nicht um die letzte Konsequenz ihrer Bitte, Jesus ganz nahe sein zu wollen. Aber wer von uns weiß das schon? Wie die Jünger weiß ich, „dass die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen“ (vgl. Mk 10,42). Aber ich bin nicht machtlos! Wenn ich mich nicht allen anbiedere und nicht jedem nach dem Mund rede, der als mächtig gilt, kann es sein, dass mein Leben sinnvoll und erfüllt ist, aber alles andere als bequem und angenehm – Jesus ist das beste Beispiel dafür.

Der Weg in der Nachfolge Jesu wird kein leichter sein. Deshalb sagt er zu Jakobus und Johannes: „Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde“ (Mk 10,39). Jesus weiß, wohin der Weg der Nachfolge die beiden Jünger führen wird. Das „Trinken des Kelches“ ist ein Bild für eine Zukunft, die einen gewaltsamen Tod bedeutet. Für Jakobus und Johannes – so legt es der Text nahe – bietet der Weg in der Nachfolge Jesu keinen „Spitzenplatz“ im bequemen Sessel für „Hochwürden“, sondern den Platz auf dem „harten Holzstuhl“ des Dieners. Jesus selbst hat diesen letzten Platz eingenommen am Holz des Kreuzes.

Gerade in der Harmlosigkeit meiner Nachfolge und bei der Suche nach „meinem Platz“ im Leben, hilft es, die Radikalität des Kreuzes in den Blick zu nehmen. Erst im Blick auf das Kreuz und den Gekreuzigten bewährt sich meine Berufung als Christin und als Christ und meine Suche nach „meinem Platz“ im Leben. Vom Kreuz und vom Gekreuzigten her ist „mein Platz“ bestimmt – „mein Platz“ ist unter dem Kreuz: nahe bei Jesus Christus und nahe bei den Menschen, die auch Kreuze im Leben zu tragen haben und unter Schmerzen leiden. Dieser Platz ist kein Ort, an dem ich mich ausruhen und sonnen könnte, nein dieser Platz hat „dienende Funktion“ (vgl. Mk 10,45): dienende Funktion als Stütze für alle Menschen, die Unterstützung und Trost brauchen – dienende Funktion als „Platzhalter“ für die, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben und an den Rand gedrängt sind – dienende Funktion, damit Gott einen Platz in unserer Mitte hat.   Amen.