Liebe Christinnen und Christen im SSB Hofer Land und darüber hinaus,
liebe Freunde und Bekannten,
liebe E-Gemeinde,
die/der hat Talent – so sagen wir, wenn eine(r) ihre/seine Begabung oder Geistesgabe nutzt und zum Erfolg bringt.
Die in uns schlummernden Talente sollen wir Menschen wecken und nutzen – für uns, für andere Menschen, für eine gerechtere und friedvollere Welt.
Egal ob Männer oder Frauen, einander sollen wir fördern auch im „Nutzen und Gebrauchen der Talente“ und Beteiligung ermöglichen, statt sie zu beschneiden – (vgl. hierzu den PDF-Impuls für die Woche und für das Leben)
Hierzu ein Lied-LINK zum Mitsingen (GL 440).
Mit dem Motto des Diaspora-Sonntages und aus der Perspektive von benachteiligten, armen, alten, schwachen und kranken Menschen lässt es sich auch so sagen:
Entdecke, wer (oder was) dich stärkt!
Ich frage mich:
- Wer oder was stärkt mich heute?
- Wer oder was lässt mich durchhalten?
- Wer oder was gibt mir Kraft und lässt mich weitermachen – auch wenn es mal gehörigen Gegenwind gibt?
- Wer oder was spornt mich an und wer oder was beruhigt mich?
Begeisterung und Begeisterte – auch für „die Sache Jesu“ – kann eine solche Kraftquelle sein.
Dazu noch ein Lied-LINK.
Ich wünsche Dir/Ihnen/Euch diese Begeisterung und Kraft sowie auch den Mut die Talente anderer gelten und wirken zu lassen.
Eine gute Zeit und Gottes Segen!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter G. Jung
Stellvertreter des Leitenden Pfarrers
Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land
zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau
Predigt 33. Diaspora-Sonntag im JK; LJ A
Spr 31,10-13.19-20.30-31 + Mt 25,14-30
Wie schlimm wäre es, wenn in unserer Sprache einige Buchstaben fehlen
würden. Wenn wir z. B. wie im Neuhebräischen keine Vokale hätten, wenn
es kein a und o gäbe und auch kein e, i oder u. Wir wären ganz schön arm
dran, wenn uns die Vokale fehlen würden. L – B – N: bei diesem Wort kä
men wir ganz schön ins Grübeln: Versuchen Sie doch einmal aus dieser
Buchstabenkombination L – B – N ein lesbares Wort zu bilden. Ergänzen
Sie einfach Vokale a, e, i, o, u und bilden sie ein Wort aus L – B – N.
L – B – N könnte laben bedeuten. L – B – N könnte auch für leben stehen,
oder für lieben. Auch das Wort loben ließe sich aus L – B – N ableiten. Je
nachdem welche Vokale ich einsetze, käme ein anders Wort heraus – und
dadurch wäre der Sinn eines Satzes jeweils ein anderer. Es ist deshalb
wichtig alle Buchstaben zu kennen und keine halben Sachen zu machen.
Nur so kann der wahre Gehalt eines Textes richtig erfasst werden; nur so
bleibt die Textaussage unverfälscht echt und unbeschnitten wahr.
Der Lesungstext aus dem Buch der Sprichwörter war das Lob der tüchtigen
Hausfrau. In den Versen, die wir gehört haben (vgl. Spr 31,10-13.19-20.30-31),
wird die Frau so beschrieben: ein biederes Heimchem am Herd, eine treu
sorgend fromme Strickliesel, die gerade noch für caritative Aufgaben taugt.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Schnipp – schnapp. Der Bibeltext
wurde für die gültige Leseordnung beschnitten, verstümmelt von Männer
hand; Kirchenmänner, die ihre Macht und ihren Einfluss geltend machten,
damit anstößige Verse weggeschnitten wurden. Schnipp – schnapp. Was
nicht ins Bild passte, wurde passend gemacht, damit ein passendes Frauen
bild nach dem Geschmack des Mannes entstand: die Frau ihrem Mann in
allem ergeben. Auch von Kirchenmännern wurde die Unselbständigkeit der
Frau Jahrhunderte lang so begründet. Und wir haben ihnen geglaubt…
Die Bibel selber lesen, lohnt sich – nicht nur für Frauen. Denn auch
Männer können dabei einiges entdecken und wichtiges lernen – Kir
chenmänner, wie ich einer bin, auch! Ich lese deshalb jetzt ganz bewusst
die weggeschnittenen Verse – hören Sie bitte genau zu: Die tatkräftige
Frau „gleicht den Schiffen des Kaufmanns: Aus der Ferne holt sie ihre
Nahrung. Noch bei Nacht steht sie auf, um ihrem Haus Speise zu geben
und den Mägden, was ihnen zusteht. Sie überlegt es und kauft einen
Acker, vom Ertrag ihrer Hände pflanzt sie einen Weinberg. Sie gürtet
ihre Hüften mit Kraft und macht ihre Arme stark. Sie spürt den Erfolg
ihrer Arbeit, auch des Nachts erlischt ihre Lampe nicht“ (Spr 31,14-18).
Ein neues Frauenbild eröffnet sich mir: Die Frau sitzt nicht herum, sondern
führt ein kleines Unternehmen. Als Hausherrin sorgt sie dafür, dass im
Haus und auf dem Hof alles läuft; zur Not auch allein, wenn der Mann z.B.
im Krieg oder in diesem gefallen ist. Sie sorgt für Essen und Lohn. Eigen
ständig macht sie Geschäfte, kauft einen Acker, bestellt einen Weinberg.
Eigener Erfolg ist ihr beschert. Ein Frauenbild, das für uns heute selbstver
ständlich ist, aber noch in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die gro
ße Ausnahme war: ohne die Einwilligung ihres Mannes hatte eine Ehefrau
keine Chance einer Arbeit außerhalb des eigenen Haushalts nachzugehen.
Dass einigen Männern, v. a. Purpurträgern, dieses emanzipierte Frauen
bild zu weit ging, zeigt auch das Wegschneiden der folgenden Verse:
Der tatkräftigen Frau „bangt nicht für ihr Haus vor dem Schnee; denn ihr
ganzes Haus ist in prächtigem Rot gekleidet. Sie hat sich Decken gefertigt,
Leinen und Purpur sind ihr Gewand. Ihr Mann ist in den Torhallen geach
tet, wenn er zu Rat sitzt mit den Ältesten des Landes. Sie webt Tücher und
verkauft sie, Gürtel liefert sie dem Händler. Kraft und Würde sind ihr Ge
wand, sie spottet der drohenden Zukunft. Sie öffnet ihren Mund in Weisheit
und Unterweisung in Güte ist auf ihrer Zunge. Sie achtet auf das, was in ih
rem Haus vorgeht, Brot der Faulheit isst sie nicht. Ihre Kinder stehen auf
und preisen sie glücklich, auch ihr Mann erhebt sich und rühmt sie: Viele
Frauen erwiesen sich tüchtig, doch du übertriffst sie alle“ (Spr 31,21-29).
Hier finde ich neben der Erwerbsarbeit noch einen ganz neuen Aspekt: die
Weisheit der Frau. Sie macht kein törichtes Geschwätz, ist keine „Ratsch
kaddl“ oder „Leerwaafen“, sondern ist eine würdige Gesprächspartnerin.
Das purpurne Gewand, das sie trägt, ist sprechendes Zeichen: Frauen hatten
Einfluss und Macht, denn Purpur war damals der teuerste Stoff der Welt.
Purpur war die Farbe der Gelehrten – und auch Frauen zählten dazu. Den
ken wir nur an die heilige Katharina, die so klug und gelehrt war, dass ihr
50 Philosophen im theologischen Disput nicht das Wasser reichen konnten.
Schnipp – schnapp – wegschneiden kann man(n) viel. Ob bei dieser Text-
Schnippelei etwas Gutes herauskommt oder nur fake? Legen wir die verlet
zenden Scheren zur Seite! Als Männer und Frauen sind wir Volk Gottes,
jede und jeder mit eigenen Fähigkeiten und Talenten – sie zu vergraben und
ungenutzt zu lassen, wäre dem Willen Gottes zuwider bzw. gegen das
Himmelreich (vgl. Mt 25,14-30). Frauen haben heute etwas zu sagen in Staat,
in Politik, in Gesellschaft – und auch in der Kirche. Gott sei Dank! Amen.