Liebe Christinnen und Christen im SSB Hofer Land und darüber hinaus,
liebe Freunde und Bekannte,
liebe E-Gemeinde,
spät bin ich dran diese Woche mit dem Wochenimpuls – bitte verzeihen Sie mir.
Ich werde mich bessern, versprochen!
Eine sehr dichte Woche liegt hinter mir, mit vielen Gesprächen und Begegnungen, mit viel Seelsorge und auch Planungen und Ideen in den und für die Pfarreien.
Sie kennen solche Situationen, Tage und Wochen sicher auch aus ihrem Alltag.
Mittendrin denkt man, das Bestmögliche getan zu haben – im Rückblick erkennt man auch Schwachstellen und andere Handlungsoptionen; ich bin hinter meinen Möglichkeiten zurückgeblieben.
Trotz meiner Mängel und Schwächen bin ich angenommen und wertgeschätzt – von Jesus Christus und auch von Mitmenschen, von Familie und Freunden.
Angenommen und wertgeschätzt aus Liebe.
Zu dieser Thematik der angehängte Wochenimpuls bzw. die Gedanken zum Evangelium des 3. Sonntags in der Osterzeit.
Anbei noch zwei Lied-LINKs zum Anhören und Vertiefen:
- GL 456 „Herr, du bist mein Leben“: https://www.youtube.com/watch?v=BbO8IuOOz7c
- Gesang aus Taizé „Gott ist nur Liebe“: https://www.youtube.com/watch?v=TE5WpHokIOo
Ihnen/Euch eine gute, gesegnete und liebe-volle Woche!
Geben Sie anderen eine zweite Chance und nehmen Sie die Chancen, die Ihnen andere und das Leben bietet, an – aus Liebe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter G. Jung
Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau
Predigt 3. Sonntag der Osterzeit im LJ C
Offb 5,11-14 + Joh 21,1-19
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
In jedem Lottogeschäft gibt es sie: Lose – Lose für Sofortgewinne. Mit einem kleinen Einsatz kann ich das große Geld machen, einen Kleingewinn ergattern, oder eben – wenn ich eine Niete gezogen habe –nichts: Leider verloren. Ich kann nur gewinnen oder verlieren. Beim so genannten Bayern-Los gibt es Ausnahme, da gibt es neben dem Sofortgewinn und dem Leider Verloren noch die zweite Chance. Mit dieser zweiten Chance habe ich doch noch die Möglichkeit auf einen Gewinn.
Eine zweite Chance hat jeder verdient – jeder Mensch, egal was für eine Niete er im Leben ist. Der Auferstandene gibt Petrus eine zweite Chance, die Chance auf einen Neuanfang. Der reiche Fischfang nach erfolglos durchfischter Nacht ist das Vorzeichen dazu. An einem Kohlenfeuer fragt der Auferstandene Petrus dreimal. Beides, das Kohlenfeuer und die dreimalige Frage, weisen zurück in den Vorhof des hohepriesterlichen Palastes. Dorthin war Petrus dem verhafteten Jesus gefolgt – und doch hat er dort, am Kohlenfeuer, dreimal die Jüngerschaft in der Nachfolge Jesu verleugnet. Zuvor hatte er im Garten Getsemani noch mutig mit dem Schwert dreingeschlagen – doch Jesus wollte den Weg ans Kreuz in Gewaltlosigkeit und Freiheit gehen. Bis nach Golgatha unters Kreuz folgt ihm Petrus nicht nach – dort stehen andere. Am leeren Grab zeigt Petrus keine Reaktion, während andere Jüngerinnen und Jünger glauben und verkünden. Petrus ist daher die tragische Figur der Johannespassion – gescheitert in der Nachfolge Jesu und im Glauben an die Auferstehung.
Ich kenne diesen Petrus gut – er ist ein Teil von mir, von meinem Leben und meinem Versagen: wenn Prüfungen oder meine Arbeit nicht den gewünschten Erfolg zeigen; wenn ich mich mit verbaler Gewalt aus Anfeindungen herausboxen will; wenn ich bohrenden Fragen ausweiche und die Unwahrheit sage; wenn ich nicht hinter meiner Berufung stehe und Nachfolge nicht leben kann oder will; wenn ich Krisensituationen aus dem Weg gehe; wenn mir der Mut zum Glauben fehlt; wenn ich einfach sprachlos bin und mit die Worte fehlen. Ich kenne diesen Petrus mit seiner Schuld, mit seinen Fehlern und Schwächen nur zu gut – er ist ein Teil von mir.
Doch das Johannesevangelium endet nicht mit diesem gescheiterten Petrusbild. Durch Jesus, dem eigentlichen Oberhirten, wird Petrus der Hirtendienst übertragen, die Sorge um die Kirche. Wie geschieht dies?
Es ist die seelsorgliche Art des Auferstandenen mit dem Versagen des Petrus umzugehen: es ist kein Richten, sondern ein Aufrichten, die unbedingte Annahme ohne Vorbedingungen. „Liebst du mich?“ – „Du weißt, dass ich dich liebe.“ Dieser Dialog ist kein billiges happy end in letzter Minute. Es ist weder platter Sextalk noch erotisches Liebesgeflüster. Es geht um Liebe, um echte Liebe, um gelebte und gelingende Nachfolge.
„Liebst du mich mehr als diese“, fragt Jesus. Über dieses mehr an Liebe schweigt sich Petrus aus: „Du weißt, dass ich dich liebe.“ Jesus hakt nach: „Liebst du mich“ – Jesus verwendet dabei das griech. Verb agapao. Jesus geht es um die sich bis ans Äußerste verschenkende Liebe, um Agape. Petrus antwortet dagegen philo se – ich liebe dich in aller Freundschaft, mit einer Liebe, die auch ihre Schwächen und Grenzen hat.
Ein Streit um wahre Liebe, der in der deutschen Einheitsübersetzung leider nicht sichtbar ist und nicht hörbar wird. Wie geht dieser Streit aus? Gibt es überhaupt eine Lösung dieses „Liebesproblems“?
Jesus fragt zum dritten Mal: „Liebst du mich? Liebst du mich wirklich? Bist du dir ganz sicher, dass du es ehrlich meinst?“ Hier geschieht für mich das Großartige in diesem Gespräch: Jesus gibt seinen hohen Anspruch der idealen Lieben, der Agape, auf. Er fragt Petrus nach seiner Philia, nach seiner Freundschaft. Jesus setzt auf die menschenmögliche Liebe, auf die freundschaftliche Liebe des Petrus. Jesus will keine lieblos dahingesagten Liebesfloskeln, in der Hoffnung, dass der lästige Frager endlich Ruhe gibt. Jesus will wahre Freundschaft und echte Liebe. Die Tränen des Petrus sind der Liebesbeweis: Sie sagen mehr als tausend Worte; sie zeigen, dass er seine Schwäche und sein Versagen einsieht.
Petrus ist von Jesus geliebt und angenommen trotz seiner Fehler und Schwächen in der Vergangenheit – und er erhält von Jesus eine zweite Chance. Er wird beauftragt und in Dienst genommen, den er treu – ja mit Liebe – erfüllen soll. Tu es Petrus – handle danach, dann bist du der Fels, auf dem die Kirche sicher stehen wird.
„Liebst du mich?“ An dieser Frage entscheidet sich die Berufung des Petrus zur Nachfolge. „Liebst du mich?“ ist auch die Frage Jesu an mich und mein Leben. „Liebst du mich – willst du mein Freund und Jünger sein? Liebst du mich auch bei Einsatz deines Lebens?“ Es ist der Ruf zu Nachfolge – Jesu Ruf an mich: Folge mir nach – so wie du bist, trotz all deiner Fehler und Schwächen. Folge mir nach – aus Liebe. Amen.
1 Eine kleine Anmerkung, die ich persönlich sehr bedenkenswert finde, die ich aber unterschlagen habe, um die Predigt nicht in die Länge zu ziehen: In unseren Ohren klingt das Tu es Petrus sehr Deutsch: die Tat und das Tun klingt an – durch die tätige Liebe des Hirtendienstes wird Petrus zum „Felsenmann“. Das Tu es Petrus ist aber auch die lateinische Bedeutung von Du bist Petrus (der Fels), … (vgl. Mt 16,18) und damit der Berufung des Petrus. Stellt sich die Frage, was wichtiger ist, die Berufung an sich oder die Tat. Bei einer „echten“ Berufung muss m.E. beides zusammenkommen: das Ge- und Berufensein und die Umsetzung im Leben – im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und Begrenztheit, um mit SEINER Hilfe den Überstieg von Freundschaft zur Agape zu schaffen in der Gewissheit, dass ER aus Liebe alles vollenden und vollkommen machen wird, auch unsere Unzulänglichkeit.