Liebe Christinnen und Christen im SSB Hofer Land und darüber hinaus,
liebe Freunde und Bekannte,
liebe E-Gemeinde,
bessere Zeiten, das wünschen sich viele:
- dass Corona endlich vorbei ist bzw. Lockerungen möglich sind
- dass Missbrauch nicht das alles beherrschende Thema ist
- dass es nicht zu einem Krieg im Osten von Europa kommt
- …
Zu allen Zeiten gibt es Menschen, die sich „bessere Zeiten“ wünschen.
Im Sonntagsevangelium (Lk 6,17-18a.20-26) spricht Jesus sie direkt aber – aber nicht nur sie:
In jener Zeit stieg Jesus mit den Zwölf den Berg hinab.
In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen
und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon waren gekommen.
Jesus richtete seine Augen auf [diese] seine Jünger und sagte:
Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.
Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden.
Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen
und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen.
Freut euch und jauchzt an jenem Tag; denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein.
Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht.
Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen.
Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern.
Weh, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen.
Weh, wenn euch alle Menschen loben.
Denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.
Auf diesen Abschnitt aus dem Lukasevangelium bezieht sich der Impuls für die Woche.
Seligpreisungen ins Lied gefasst als Gabe und Aufgabe für diese Woche für Sie.
Hier der LINK zu den beiden Liedern im Gotteslob (GL 458 + 459)
Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine gute Zeit!
Bleiben Sie gesund und hoffnungsvoll!
PREDIGT - 6. Sonntag im Jahreskreis; LJ C
Jer 17,5-8 + Lk 6,17-18a.20-26
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, leibe Jugendliche!
Leider verloren! Mensch, ärgere dich nicht! Leider verloren! Schöne Sch….
Mal ehrlich: Möchten Sie zu den Verlierern gehören? Hungern, klagen und weinen – trostlos – gehasst, verrufen, verschmäht und erfolglos sein – „um des Menschensohnes willen“ (Lk 6,22). Wer will das schon, dieses traurige Dasein, auch wenn es selig machen soll? Auf den großen Lohn im Himmel kann ich getrost verzichten, wenn ich dafür in diesem Leben leiden muss: Ich will Freude und die Lust am Leben im Hier und Jetzt spüren!
Keine Frage, warum die Kirche in Deutschland fortlaufenden Erfolg hat – immer mehr Menschen kehren den christlichen Kirchen den Rücken und gehen. Sie gehen, weil es Missbrauch und Skandale gab und gibt. Aber sie gehen auch, weil es ihnen gut geht – zu gut –, weil die Botschaft Jesu sie nicht erreicht, weil es nicht ihre Botschaft ist. Jesu Botschaft gilt primär den Armen; für sie ist sie Zuspruch und Hoffnungswort: „Selig, die ihr jetzt …, denn“ (Lk 6,20-22) – eine wirkliche Frohe Botschaft. Und auch Freude darüber, dass bestehende Missverhältnisse und prekäre Lebenssituationen sich zum Guten ändern werden – auch wenn das bedeutet, dass diejenigen, denen es jetzt gut geht, später leiden werden.
Mich ärgern die Seligpreisungen im Lukasevangelium: Sie klingen wie eine billige Vertröstung auf das Jenseits – dann nach dem Tod, wird alles gut – wer’s glaubt wird selig! Gerechtigkeit sieht für mich anders aus: Schon auf Erden soll es allen Menschen gut gehen – nicht erst im Himmel! Was hilft es der Flüchtlingsfamilie, auf einem sinkenden Boot im Mittelmeer? Welchen Trost bringen diese Aussagen Jesu für hungernde, ausgezehrte und medizinisch nicht versorgte Menschen in Entwicklungsländern? Was hilft es der Alleinerziehenden, die keine Arbeit findet? Was bringt es dem Jugendlichen, der in den sozialen Medien gemobbt wird?
Auf den ersten Blick bringt die Botschaft Jesu nichts: Den Armen und Schwachen macht sie zwar Mut, aber wenn sich nichts an ihrer prekären Lebenssituation verändert, war es das auch. Dann tragen diese ermutigenden Worte irgendwann nicht mehr; dann brechen Menschenleben zusammen; dann bleibt letztendlich nichts als Mutlosigkeit und Resignation zurück.
Das Lukasevangelium will durch zwei – wie mir scheint wichtige Details – eine andere Reaktion hervorrufen. Die Seligpreisungen stehen auch im Matthäusevangelium – dort sind sie Teil der „Bergpredigt“ (Mt 5,1-7,29). Bei Lukas gehören sie zur sogenannten „Feldrede“. Sie beginnt nach der Berufung der Jünger mit den Worten: „Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene […] blieb er stehen“ (Lk 6,17). Jesus redete zu den Menschen nicht „von oben herab“. Er steigt hinunter zu denen, die arm, krank oder hungrig sind. Jesus begegnet ihnen auf Augenhöhe – er sieht ihren Sorgen und Problemen ins Auge; er sieht ihren Alltag und das, was sie beweg, umtreibt und belastet. In diese Situation hinein spricht Jesus seine menschennah zugewandte und aufrichtende Botschaft. Mit Jesus Christus bricht das Reich Gottes an. In ihm steckt die verändernde Kraft hin zu einer besseren Welt, zum Reich Gottes mitten unter den Menschen.
Im Evangelium nach Lukas stehen anders als bei Matthäus nicht nur die Seligpreisungen, sondern als Gegengewicht die Weherufe. Diese Botschaft ist eine Mahnung an die Reichen, Satten, Lachenden und Erfolgreichen, sich durch den eigenen Lebensstil nicht selbst vom Reich Gottes auszuschließen (vgl. Lk 13,24-28) – und sie ist zugleich ein Appell, am Reich Gottes und an einer besseren und gerechteren Welt mitzubauen: Es geht nicht um ein immer mehr für mich. Erfülltes Leben besteht nicht im eigenen Luxus, nicht darin der Beste zu sein, die Angesehenste und nicht darin, immer lachend im Mittelpunkt zu stehen. Es geht nicht nur um mich, sondern um alle – darum, dass auch Arme und am Rand Stehende daran teilhaben können: Ermöglichung von Partizipation an erfülltem, gutem Leben, genau das meint „den Nächsten zu lieben wie sich selbst“ (Lk 10,27) – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Wenn ich so handle, habe ich nicht verloren – wenn jede und jeder so handelt, können wir alle gewinnen und alle selig werden und glücklich sein – wenn wir alle so handeln, sind glaubwürdig Kirche.
AMEN.