Predigt 4. Adventssonntag im LJ C
Mi 5,1-4a + Lk 1,39-45
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, dieses Geheimnis gibt der Fuchs dem kleinen Prinzen in der gleichnamigen märchenhaften Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry mit auf den Weg: „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut“ – und tiefer könnte man hinzufügen. Maria sieht bei der Begegnung mit dem Engel zunächst mit den Augen des Verstandes: Wie soll das geschehen, dass ich einen Sohn, Gottes Sohn, gebäre. Es gibt doch keinen Mann in meinem Leben… Durch das Wirken des Heiligen Geistes wird dies geschehen; das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Maria lässt sich darauf ein: Es geschehe. (vgl. Lk 1,26-38).
Maria ist zwar guter Hoffnung, aber wenige Tage nach der Begegnung mit dem Engel ist noch nichts zu sehen – kein Babybauch; noch behält Maria das Geheimnis des neuen Lebens ganz für sich. Maria eilt ins Bergland von Judäa – für eine Hochschwangere wäre das wohl sehr beschwerlich, Maria aber seht erst ganz am Anfang ihrer Schwangerschaft und hat auch noch niemandem davon erzählt. Das junge Mädchen Maria eilt zu ihrer Cousine – vielleicht weil sie Rat braucht und sich aussprechen will.
Auf vielen Bildern wird diese Begegnung dargestellt als die Begegnung von zwei hochschwangeren Frauen… aber Elisabeth ist Maria in Ihrer Schwangerschaft um Wochen und Monate voraus. Die Begegnung muss also anders sein. Eine herzliche Begegnung wie immer: Nur Elisabet ist hochschwanger – bei Maria ist noch nichts zu sehen; sie ist gertenschlank. Da wird Elisabeth angestupst – wie wenn einer sagt: Schau mal genau hin. Das Kind in Elisabeths Leib stupst sie an; es strampelt wie wild und hüpft vor Freude. Schon im Mutterleib weißt Johannes auf Jesus Christus hin. Angestupst und erfüllt vom Heiligen Geist erkennt auch Elisabeth das neue Leben, das Maria unter ihrem Herzen trägt, obwohl es noch gar nicht zu sehen ist. Elisabeth spricht aus, was sie mit dem Herzen sieht: Vor Elisabeth steht ihre Cousine Maria – und in ihr noch ganz klein und ganz in ihr verborgen ein zweiter: Jesus Christus. Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? (Lk 1,42-43).
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Elisabet erkennt, dass ihr und der Welt Gottes Sohn gegenüber- und bevorsteht. Er, der Retter, wird zur Welt kommen. Elisabet preist Maria selig, dass sie Gott, seinem Wort und seinen Möglichkeiten Glauben geschenkt hat; Elisabeth hat es ja am eigenen Leib erfahren; sie die alte, kinderlose Frau ist selbst guter Hoffnung und trägt neues Leben in sich.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, ein Sehen, das über das Sichtbare der Welt hinausgeht und Gott Raum gibt in unserem Leben für das Wirken des Heiligen Geistes.
AMEN.