PREDIGT 2. Adventssonntag im LJ C
Bar 5,1-9 + Lk 3,1-6
Im neunten Jahr des Pontifikat des Franziskus, Ursula von der Leyen ist Präsidentin der Europäischen Kommission, der große Zapfenstreich für Angela Merkel ist vollzogen und Olaf Scholz noch nicht zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt, mitten im zweiten Corona-Winter – dann passiert es, dann fängt Neues an: die Geschichte Gottes mit den Menschen. Heilsgeschichte in der Menschheitsgeschichte, mitten in im Alltag.
Durch die politischen Herrscher und religiösen Machthaber seiner Zeit legt der Evangelist Lukas legt den Beginn der Heilsgeschichte, des Advents, der Ankunft von Jesus Christus fest: Er nennt Kaiser Tiberius, Pontius Pilatus, Herodes, dessen Bruder Philippus und Lysanias sowie die Hohepriester Hannas und Kajaphas (vgl. Lk 3,1-2). Zu ihrer Zeit bricht das Neue an – aber nicht durch sie und mit ihnen. Sie hätten das System nicht geändert, alles bliebe beim Alten. Fernab von ihren Machtzentren, fernab von Lärm und Getöse, fernab von Geschäftigkeit und Kommerz wird dieses Neue angekündigt – in der Wüste, dort, wo scheinbar nichts ist, dort, wo Totenstille herrscht, dort, wo scheinbar niemand den Ruf hört.
Gott rechnet scheinbar damit, dass der Rufer in der Wüste nicht vergebens ruft; dass sein Ruf nicht ungehört verhallt; dass Menschen ausbrechen aus ihrem Alltagstrott; dass sie „in die Wüste“ gehen, in die Stille, um Gottes Rufer Johannes zu hören: „Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen“ (Lk 3,4-6). Mitten hinein in die Krisen der damaligen Zeit ist diese Heilsansage gesprochen. Eine gute Zukunft ist angesagt, wenn Menschen sich (vor-) bereiten und dem Herrn den Weg bereiten.
Wenn wir glauben, dass das Evangelium, die Frohe Botschaft nicht nur etwas mit vergangenen Zeiten, sondern auch mit uns und unserer Zeit zu tun hat; wenn die Worte von Gottes Rufer Johannes auch uns gelten, dann ist auch uns eine gute Zukunft verheißen, wenn wir bereit sind, Gott die Wege zu bereiten, dass er bei uns ankommen kann. Zeiten der Stille, „Wüstentage“ ohne Lärm und Geschäftigkeit, ohne nervende SMS- und Whatsapp-Nachrichten lassen zur Ruhe kommen und die leisen Töne hören: das, was sonst nicht zur Sprache kommt – Gottes leise und zärtliche Stimme.
Gott will bei mir ankommen – und ich kann bei Gott ankommen: Er erwartet mich sehnsuchtsvoll und voll festlicher Vorfreude wie Jerusalem die Menschen erwarten soll, die aus dem Exil heimkehren (vgl. Bar 5,1-5). „Gott bringt sie heim zu dir“ (Bar 5,6), schreibt Baruch: Gott (!) ebnet den Weg und spendet Schatten (vgl. Bar 5,7-8). Er bereitet und erleichtert (auch mir) den Weg, damit ich bei ihm ankommen kann. Gott wartet auf mich. Er geht auf mich zu. Er macht meinen Weg kürzer und einfacher. Gott führt und geleitet mich auf diesem Weg. Aufbrechen aus meinem Alltag, mich auf den Weg machen, um ihm zu begegnen, muss ich selber.
Amen.