Predigt 27. So. i. JK, Erntedank; LJ B
Gen 2,18-24 + Mk 10,2-12 (LF)
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Zwei Männer sitzen sich am Tisch gegenüber – es sieht aus, als spielten sie Karten. Abwechselnd wirft jeder seine Karten in die Mitte, um den anderen auszustechen: „Mein Auto, mein Haus, meine Jacht“ so lautet der zugehörige Werbespott einer Bank vor einigen Jahren. Es wurde suggeriert, dass ich mit dieser Bank das „große Geld“ mache – alles meins: „Mein Auto, mein Haus, meine Jacht“ – größer, teurer, luxuriöser.
Reichtum, der zur Geste des Schulterklopfens veranlasst, Lob für den Erfolg-Reichen. So werde ich es auch machen: Ich werde die Bank wechseln. Ich werde reich sein. Ich werde viel besitzen…, denke ich mir.
Zwei Männer – auch im „Werbespott“ des heutigen Evangeliums: Einer kniet vor dem anderen, will die „Anlagestrategie“ für das ewige Leben. Genau genommen will er eine Bestätigung seiner Lebensweise: Ich mache doch schon alles richtig: Ich halte die Gebote der Mitmenschlichkeit seit Jugend an. Doch Jesus legt den Finger in die wunde Stelle: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! (Mk 10,21). Traurig und betrübt geht der Mann von Jesus weg, denn er hat ein großes Vermögen. Ich frage mich: Wie hätte ich gehandelt? Wie hätte ich mich gefühlt?
Mit dieser Szene mutet Jesus den Jüngern und mir einiges zu: Da sage ich nicht so leicht Ja wie bei den Reichtums-Versprechen der Bank. Ich hätte mir die Szene mit dem reichen Jüngling ganz anders gewünscht: einfühlsamer – und auch „werbewirksamer“. Das radikale Verhalten Jesu stört mich: Hätte Jesus in seiner Menschenliebe nicht Ja sagen müssen zu dem jungen Mann? Ja, du hast alles richtig gemacht; Ja, du bist auf der Erfolgsspur im Leben und Glauben; Ja, folge mir nach, so wie du bist.
Auch wenn ich die Szene wieder und wieder betrachte und lese, ändert sich die Aussage Jesu nicht. Aber ich sehe ein anderes Verhalten Jesu, dass ich auf den ersten Blick übersehen und überlesen habe. Bevor Jesus die radikalen Worte spricht, entdecke ich sein verstecktes Ja: Jesus sah den jungen Mann an und umarmte ihn (vgl. Mk 10,21). In aller Freundschaft und Bejahung seines bisherigen Lebens kann Jesus dem jungen Mann sagen, was ihm „zum ewigen Leben“ noch fehlt: Geh, verkaufe, was du hast…!
Trotz der veränderten Haltung und positiven Einstellung Jesu dem Menschen gegenüber bleibt ein bitterer Beigeschmack: Reichtum und Reich Gottes gehen nur schwer zusammen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! […] Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt (Mk 10,23.25). Die Jünger, die die Szene mit dem reichen Jüngling beobachtet und die Worte Jesu gehört hatten, sprechen bestürzt aus, was sie an der Radikalität Jesu stört: Wer kann dann noch gerettet werden? (Mk 10,26).
Zu reich fürs Himmelreich? – Diese Frage ist der bohrende Stachel im Fleisch, damals wie heute. Eine Frage, die mich stört, die mich anfragt in meinem Lebensstil, in meinem Streben nach Geld und Erfolg. Ich muss zugeben: Es geht mir gut. Ich habe mein Auskommen und was ich zum Leben brauche. Aber ich frage mich: Bin ich zu reich für das Reich Gottes?
Für mich gibt das heutige Evangelium zwei bedenkenswerte Antworten: Es keine Frage des Reichtums, ob ich ins Reich Gottes gelange, sondern meines Vermögens – und das im doppelten Wortsinn: Wenn ich durch meinen Reichtum hartherzig geworden bin, wenn mein Herz nur am Geld hängt und mir alles andere egal ist, dann vermag ich nicht, mich für andere Menschen und für Gott zu öffnen, dann erschwert mein Reichsein diese wertvollen und reichhaltigen Beziehungen, die Solidarität mit den Armen und Bedürftigen und macht mir auch die Nachfolge Jesu schwer. Was ich mit meinem Vermögen zu tun vermag, darauf kommt es an – Gott wird das Seinige, all das, was nicht in meiner Macht steht, dazu tun.
Zudem kommt es auf die Absicht und Motivation meines Handelns an: Darauf, warum ich mein Vermögen mit Bedürftigen teile, warum Familienbande zwar wichtig, aber wie die Bindung an Besitz und Reichtum für mich nicht alles sind. Es geht um „mehr“ – darum, frei zu werden und offen zu sein für Jesus Christus und sein Evangelium. Wenn ich mich darauf einlasse, dann kann ich den Weg gehen, zu dem Jesus Christus mich werbend einlädt: Komm und folge mir nach! (Mk 10,21)
AMEN.