Wochenimpuls

Liebe Freunde und Bekannte,

 

viele von Ihnen/Euch vermissen ja das Singen.

 

Ich habe es heute nach den Gottesdiensten wieder gehört:

Am meisten freue ich mich auf das Singen, wenn das einmal wieder erlaubt ist.

Deshalb heute vorab und zur Einstimmung zwei Liedlinks zum Mitsingen - der Text wird jeweils eingeblendet.:

- Herr, Dir ist nichts verborgen (Gotteslob 428 - zum Mitsingen)

- Aus tiefer Not schrei ich zu Dir (Gotteslob 277 - zum Mitsingen)

 

Hier als Impuls für die neue Woche die heutige Sonntagspredigt.

 

Anbei noch ein Bild des aktuellen MISEREOR-Hungertuchs, auf das sich die Predigt bezieht.

Mögliche Wochenaufgabe: Herzliche Einladung zum "Blick in den Spiegel" - in den Gewissensspiegel - zur Gewissenserforschung und evtl. zur Vorbereitung auf die Beichte, das Sakrament der Versöhnung: Gotteslob 598 bis 601. 

 

Bleiben sich achtsam und hoffnungsvoll!

 

+ Gottes Segen für die neue Woche!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter G. Jung

Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau

PREDIGT 4. Fastensonntag LJ B - Eph 2,4-10 + Joh 3,14-21

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!

 

Licht und Schatten: Es kommt alles ans Licht, wenn ich mich meinen Lebenswandel stelle: Mein Tun und Lassen wird sichtbar, ja mein ganzes Leben – auch „das Böse“ in mir, die dunklen Seiten, die ich gerne vor anderen verberge (vgl. Joh 3,20-21). Das aktuelle MISEREOR-Hungertuch von Lilian Moreno Sánchez greift diesen Gedanken von „Licht- und Schattenseiten“ auf: Die schwarzen Linien zeichnen die Umrisse eines Fußes – ein Röntgenbild: Schwarz auf Weiß ist jedes einzelne Fußknöchelchen zu sehen – und auch die Brüche: es ist ein mehrfach gebrochener Fuß. Es tut weh, diese zersplitterten Knochen, diese Brüche zu sehen. Doch dieses Durchleuchten, dieser Röntgenblick ist notwendig, damit ein Arzt entscheiden kann, was an welcher Stelle zu tun ist, damit dieser Fuß wieder heil werden kann. 

 

Jeden Morgen mache ich etwas ganz ähnliches: der Blick in den Spiegel. An meinem Spiegelbild kann ich viel ablesen: Augenringe erzählen von einer schlaflosen Nacht; wild zerwühltes Haar vom Hin- und Herwälzen und von unruhigen Träumen; ein entspannter Gesichtsausdruck von einem erholsamen Schlaf; dann steht mir die Lebensfreude ins Gesicht geschrieben – all das verrät mir der morgendliche Blick in den Spiegel. Oft bleibt mein Bick nicht nur an meinem Äußeren haften, sondern geht tiefer. Wie mit einem durchdingender Röntgenblick versuche ich, hinter diese Oberfläche in mein Inneres, in mein Seelenleben, zu schauen. 

 

Dieser Blick in den Spiegel meiner Seele erfordert Mut – gerade wenn andere Menschen mir im übertragenen Sinn „den Spiegel vorhalten“, ist das oft schmerzlich. Oft wende ich mich ab und will nicht hinsehen. Wenn ich es dennoch wage, dann offenbart mir dieser Blick schonungslos und ehrlich alles: das Gute und Schöne in meinem Leben und auch meine Schattenseiten, mein fehlerhaftes Tun, all die Ungereimtheiten und Brüche – wo andere mich verletzt haben, oder wo durch mein Verschulden etwas in die Brüche gegangen ist, oder was ich verbrochen habe. Die heutige Lesung (vgl. Eph 2,4-10) „hält mir den Spiegel vor“. Ich wage jetzt zusammen mit Ihnen den Blick in diesen Spiegel, den der Apostel Paulus damals der Gemeinde von Ephesus und heute Ihnen und mir vorhält. 

 

Ich sehe: ich bin Geschöpf Gottes (vgl. Eph 2,10). Was das heißt, wird im Schöpfungsbericht deutlich: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild; als Bild Gottes schuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie“ (Gen 1,27). Ich bin ein Bild, ja Spiegelbild Gottes. In mir und in jedem Menschen spiegelt sich Gott wieder: in jedem Kind, jedem Jugendlichen, in jeder Frau, in jedem Mann, in jedem alten Menschen. Gott mutet mir, ja uns allen viel zu: Als Mensch bin ich Gottes Stellvertreter auf Erden. Ich darf mitwirken an seiner Schöpfung (vgl. Gen 1,28-29). Eine große Verantwortung, verantwortungsvoll mit mir selbst, mit meinen Mitmenschen, mit Tieren und mit der Umwelt umzugehen. Es ist meine Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren und zu erhalten, meine Mitmenschen zu lieben, – und nicht, sie und ihren Willen mit Gewalt „zu brechen“ und so gefügig zu machen.

 

Beim alles erhellenden Blick der heutigen Lesung entdecke ich aber auch anderes: die schwarzen Schatten und die Brüche in meinem Leben. Ich bin zwar Gottes Ebenbild, aber eben auch ein Sünder – ich bin ein sündiger Mensch, wie jeder Mensch (vgl. Eph 2,4). Ich habe Böses getan und Gutes unterlassen; in vielen Bereichen bin ich dem Schöpfungsauftrag Gottes und damit dem Leben nicht gerecht geworden; ich bin tot infolge meiner Schuld und Sünde – so sagt es mir Paulus im Epheserbrief (vgl. Eph 2,4). Ein ernüchterndes Spiegelbild, das mir da entgegenkommt.

 

Beim Blick in den Spiegel der Lesung sehe ich noch ein drittes Bild – es ist das entscheidende Bild: die Gnade Gottes, die mir durch Jesus Christus geschenkt ist. Er bricht nicht mit mir, sondern er nimmt mich so wie ich bin – mit meinen Brüchen, Ecken und Kanten. „Aus Gnade seid ihr gerettet. Er [= Gott] hat uns mit Christus Jesus auferweckt und […] einen Platz in den himmlischen Bereichen gegeben. […] Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt – , nicht aus Werken, damit keiner sich rühmen kann“ (Eph 2,4-8).

 

Durch Gottes Gnade, durch seine erneuernde Kraft, bin ich durch die Taufe neu geschaffen, eine Neu-Schöpfung. Das bedeutet: Gott nimmt mich an trotz meiner Schuld und noch vor aller Leistung, weil er mich liebt und weil er ein gnädiger Gott ist; ein Gott, der nicht auf Rache und Vergeltung sinnt; ein Gott, der mich durch und durch kennt; der weiß, was mir fehlt und wo ich gefehlt habe: „Herr, dir ist nicht verborgen, du schaust mein Wesen ganz. Das Gestern, Heut und Morgen wird hell in deinem Glanz“ (Gotteslob 428). Dieser Röntgenblick Gottes schmerzt manchmal und brennt sogar – nicht aus Strafe – sondern desinfizierend, heilend und himmelfähig machend. Wenn ich genau hinschaue, erkenne ich: An den Bruchstellen und Brüchen meines Lebens strahlt Gottes heilsame Güte und sein liebevolles Wohlwollen auf.

 

Als Christ glaube ich an die rettende Gnade Gottes (vgl. Joh 3,16-18) und stehe in der Verantwortung die mir geschenkte Gnade mit menschlichem Leben und im mitmenschlichen Leben zu erfüllen: das ist meine Aufgabe. Gott hat viel in mich hinein gelegt, all die Begabungen und Fertigkeiten. Als Christ soll ich diese, meine Fähigkeiten und die guten Werke, die in mir schlummern, zur Geltung bringen, damit die Gnade Gottes in der Welt sichtbar wird, wie Paulus schreibt: „Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus zu guten Werken geschaffen, die Gott für uns im Voraus bestimmt hat“ (Eph 2,10). So soll ich mein Leben gestalten und der Gnade Gottes nicht im Weg stehen. Der morgendliche Blick in den Spiegel kann mich ermutigen: Ja, Gott, für dich will ich in diesen neuen Tag gehen. Ja, Gott, du sollst durch mein Tun hindurch sichtbar werden, durch mich hindurch anderen leuchten. Ja, Gott, als dein menschliches Spiegelbild mit meinen Fehlern und Brüchen will ich es versuchen – gestärkt durch deine Gnade. AMEN