Wochenimpuls

back again

Liebe Glieder der Pfarrgemeinden St. Antonius, St. Franziskus und St. Josef,

liebe Christinnen und Christen,

liebe Freunde und Bekannte,

 

ich bin wieder zurück.

Die OP ist gut verlaufen und ich bin soweit wohlauf - es geht noch nicht alles, aber schon vieles und ich bin wieder arbeitsfähig.

 

DANKE für Ihr/Euer Gebet und die guten Wünsche (auch zum Geburtstag und zum neuen Lebensjahr)!

 

Während der Tage der Rekonvaleszenz hatte ich viel Zeit zum Beten und Nachdenken - u.a. über das aktuelle MISEREOR-Hungertuch.

So ist im Geiste eine kleine Predigtreihe dazu entstanden, die versucht, die Bibeltexte des jeweiligen Fastensonntages mit dem Hungertuch zu verbinden.

 

Heute als Wochenimpuls die Predigt vom vergangenen Sonntag.

Anbei ein Bild des aktuellen MISEREOR-Hungertuchs, auf das sich die Predigt bezieht.

 

Vertiefende Lieder und Liedlinks:

- Gotteslob (Bamberger Anhang) Nr. 851: Du stellst meine Füße, Herr, auf weiten Raum (Leider gibt es dazu keinen Link)

- Gotteslob Nr 543: Wohl denen, die da wandeln

- Du stellst meine Füße auf weiten Raum

 

Ihnen und Euch allen eine gute Woche und + Gottes Segen auf all Euren Wegen;

ER stellt unsere Füße auf weiten Raum.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter G. Jung

Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau

PREDIGT 3. Fastensonntag LJ B - Ex 20,1-17 + Joh 2,13-25

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!


Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Ps 31,9) mit diesem Psalmwort ist das aktuelle MISEREOR-Hungertuch betitelt. Auf dem Fastentuch von Lilian Moreno Sánchez – sie halten ein Bildchen davon in Händen – ist von dieser Weite auf den ersten Blick nur wenig zu erkennen: ein weißes Tuch mit staubigen Flecken, dreckverschmiert – bewusst nicht blütenweiß gewaschen; ein Tuch mit schwarzen Krakellinien – mein zweijähriger Enkel hätte das auch gekonnt, so der Kommentar eines Kirchenbesuchers; ein Tuch mit feinen, kaum erkennbaren goldenen Linien und Blüten. Bei genauerem Hinsehen ergeben die schwarzen Krakler ein Bild – ein Umrissbild der Knochen eines Fußes, eines linken Fußes: ich kann die Zehenknochen erkennen. Ich sehe, aus wie vielen Knöchelchen der Fuß besteht und wie die Beinknochen anschließen – die verbindenden Sehnen, die die Knochen zusammenhalten, und die Muskeln, die den Fuß zum Laufen bringen, sehe ich nicht. So ähnlich sehen auch meine Füße aus: das Knochengerüst, das Skelett, gibt jedem Fuß Halt und festen Stand – mit beiden Beinen stehe ich im Leben; ich stehe auf Füßen, die mich, meinen Körper und mein Leben tragen. Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ – Gott ist damit gemeint: Er eröffnet mir einen Lebensraum und die Freiheit, nicht auf der Stelle stehen bleiben zu müssen, sondern in aller Freiheit diesen Raum zu beschreiten.

 

Der Weg in die Freiheit ist im Alten Testament mit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten verknüpft, mit der Befreiung aus Sklaverei und Unterdrückung durch das wunderbare Eingreifen Gottes. Unter Moses Führung gehen die Israeliten den Weg durch die Wüste bis ins gelobte Land – zu jenem weiten Raum, den Gott bereitet. Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ kann somit auch als Dankgebet für die erlebte Rettung verstanden werden. Auf diesem Weg kommt es in der Wüste – also mitten drin zwischen der absoluten Unfreiheit in Ägypten und der Weite des gelobten Landes – immer wieder zu Auseinandersetzungen und zu Streitigkeiten, die die Weggemeinschaft und den Zusammenhalt gefährden: einerseits weil die Israeliten in den prekären und kräftezehrenden Situation der Wüste das helfende Eingreifen Gottes vergessen und das Vertrauen in ihn haben – andererseits weil es „menschelt“ und jede und jeder zuerst an sich denkt.Infolge von Corona stehen wir heute vor ganz ähnlichen Herausforderungen und machen unsere Wüstenerfahrungen, stehen mitten drin in medialen Anfeindungen und verbalem Schlagabtausch, leiden unter Einschränkungen und erleben Egoismen im kleinen und in der großen Politik, die unser Zusammenleben als Gemeinschaft und Gesellschaft bedrohen.

 

In dieser prekären Lage wünschen sich Menschen Halt – nicht zuletzt von Gott. Die zehn Gebote, die Gott Mose und durch ihn den Israeliten gibt, sind auf den ersten Blick eine zusätzliche Last, ein „noch mehr“. Auf den zweiten Blick schaffen sie in der Enge der Zeit weiten Raum – Lebensraum für ein gutes und gelingendes Zusammenleben. Vor den zehn Geboten steht ganz bewusst als Präambel und als Leseanweisung die Erinnerung an das befreiende Heilshandeln Gottes: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus“ (Ex 20,2). Die Gebote wollen also Wegweiser sein – Wegweiser auf den Weg in die Freiheit.

 

Die zehn Gebote befreien die Menschen damals davon, allen möglichen Göttern nachzulaufen und sich stattdessen auf Gott, der in die Freiheit führt, zu verlassen. Dieser Gott zeigt Empathie: Die Menschen sind ihm nicht egal; er ist ein „eifersüchtiger Gott“ (Ex 20,5), der leidenschaftlich für die Menschen und das Wohl der Menschen eintritt. Dieser Gott schenkt Freiheit und befreit von der „Last des Lastkorbes“ (vgl. Ps 81,7– das ist ganz anders als bei den Nachbarvölkern der Israeliten: Das Leben ist nicht nur Arbeit. Gott unterdrückt und knechtet nicht, sondern lässt aufatmen. Wie Gott nach sechs Schöpfungstagen am siebten Tag ruhte (Ex 20,22; vgl. Gen 2,3), sollen auch die Menschen, die Sklaven und Tiere am siebten Tag „Sabbat“ und damit eine Pause machen und ausruhen. Gott lässt alle teilhaben an seiner Schöpfung: Die Menschen sind verantwortlich für die Schöpfung, für alle Mitgeschöpfe und für die Natur.

 

Der zweite Teil der zehn Gebote regelt das Zusammenleben der Menschen untereinander. Den Mitmenschen als gleichwertig und gleichberechtigt ansehen, jeden Menschen, Frau, Mann und Kind – immer und nicht nur am morgigen Weltfrauentag. Danach gilt es zu handeln: Die Persönlichkeitsrechte jedes Menschen wie auch das Leben und das Eigentum des Nächsten zu achten – daran kann und darf ich mich nicht vergreifen. Ein derartiges Tun wäre nicht die größtmögliche Freiheit, sondern Willkür und Missbrauch. Die zehn Gebote sichern damit nicht nur mein Leben und meine Freiheit, sondern auch den Lebensraum und die Persönlichkeitsrechte meiner Mitmenschen: „Du stellst meine Füße und unsere Füße auf weiten Raum“ – gelingendes Zusammenleben.

 

Oft fehlt es an diesem weiten Raum, an dieser Weite im Denken und in der Wertschätzung von Mitmenschen, deren Eigentum und den Ressourcen der Erde, von Glaube und Gott: Ich mülle diese Räume und mein Leben oft mit allen möglichen Dingen, mit falscher Geschäftigkeit und Götzen zu. Die Tempelreinigung Jesu (vgl. Joh 2,13-25) ermutigt mich, zu prüfen, was wirklich wichtig für mein Leben ist – für mein Leben mit Gott und den Mitmenschen – und was dann wo und wie seinen angemessenen Platz in meinem Leben hat: Dann ist und bleibt ausreichend Raum und Zeit – auch für Gott. Ich habe eine Verantwortung für diesen weiten Raum, für mein Leben, das Gott mir geschenkt hat, und für den gemeinsamen Lebensraum mit meinen Mitmenschen. Ich habe die Freiheit und die Verantwortung diesen, meinen„Tempel“ aufzuräumen und mein Leben zu entrümpeln, damit ich und die Mitmenschen wieder aufatmen können, damit Beziehungen wiederbelebt werden und Raum haben – und auch Gott und meine lebendige Beziehung zu ihm: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“. AMEN.