Liebe Gemeindeglieder,
liebe Freunde und Bekannte,
"bleibt niemandem etwas schuldig. Nur die Liebe schuldet ihr einander - immer."
Mit diesen Worten aus der Lesung des vergangenen Sonntags aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer habe ich auf die Corona-Kollekte am vergangenen Sonntag hingewiesen.
Es war deutlich mehr im Kollektenkörbchen als an "normalen" Sonntagen - allen Spenderinnen und Spendern ein herzliches "Vergelt's Gott" auch im Namen derer, die mit diesen Spenden unterstützt werden.
Anbei die Sonntagspredigt als Anregung zum Umgang miteinander - neben der weltweiten Solidarität gilt es ja auch die zwischen- und mitmenschlichen Beziehungen zu gestalten.
Hier noch ein vertiefender Liedlink:
Gottes Segen für die zweiten Wochenhälfte wünscht
Dieter G. Jung
Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau
Lesung - Röm 13, 8–10
Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes
Lesung
aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
8 Niemandem bleibt etwas schuldig,
außer der gegenseitigen Liebe!
Wer den andern liebt,
hat das Gesetz erfüllt.
9 Denn die Gebote:
Du sollst nicht die Ehe brechen,
du sollst nicht töten,
du sollst nicht stehlen,
du sollst nicht begehren!
und alle anderen Gebote
sind in dem einen Satz zusammengefasst:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.
Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.
PREDIGT - 23. Sonntag i. JK; LJ A 2020
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Jetzt red i – eine Sendung der bayerischen Fernsehens, die sich großer Beliebtheit erfreut; seit 1971. Jetzt red i – eine Sendung, in der Menschen ihrem Unmut Luft machen können, in der sie das aussprechen können, was ihnen untern den Nägeln brennt. Streitkultur auf hohem Niveau auf kommunaler, regionaler und freistaatlicher Ebene. Politiker und Verantwortliche sind gefragt. Sie sollen Stellung beziehen und schnelle, unbürokratische Lösungen anbieten.
Was im Fernsehen dann als Gespräch miteinander über den Bildschirm flimmert, sind in Wirklichkeit zwei Gespräche: eines aufgenommen vor Ort mit den engagierten Bürgerinnen und Bürgern und ein zweites mit den Fachpolitikern. Das Gespräch zwischen Bürgern und Politikern kommt nur durch den Zusammenschnitt im Fernsehstudio zustande! Wenn auch durch diese Methode, durch öffentlichen Schlagabtausch und Mediendruck, in dieser Sendereihe schon viel erreicht wurde, bleibt der Sendename doch Programm: Jetzt red i – jeder redet für sich, aber nicht miteinander.
Jetzt red i – so könnte man den Einleitungssatz zum heutigen Evangelium ins Fränkische übersetzten: „In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern“ – oder eben Fränkisch Jetzt red i. Was Jesus den Jüngerinnen und Jüngern zu sagen hat, ist vom Reden geprägt: vom miteinander Reden, statt hinter dem Rücken übereinander: „Wenn dein Bruder gegen dich sündig, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht“ (Mt 18,15). Mit anderen Worten: Geh nicht zu deinen Nachbarn und Freunden; steckt nicht die Köpfe zusammen und redet und lästert nicht über die Fehler von anderen. Geh stattdessen auf deinen Mitmenschen zu. Mach dich auf und öffne dich für die seine Sorgen und Nöte: ein Gespräch, das dem Mitmenschen trotz seines Fehlverhaltens eine Würde gibt und Geborgenheit spüren lässt.
Ein wohl unerreichtes Ideal in der Gemeindepraxis der jungen Kirche: ge-sündigt, als Sünder abgestempelt, Gemeindeausschluss. Weil so vieles falsch läuft in den jungen Gemeinden, lässt Matthäus Jesus ganz anders reden: Barmherzigkeit und Güte sollen den Umgang miteinander prägen. Statt vorschnell zu verurteilen, rät Jesus, immer wieder das Gespräch zu suchen. Jesus gibt einen Verhaltenskodex heraus: statt Gemeindeausschluss – Einladung zum Gespräch. Versuche zunächst ein Vier-Augen-Gespräch in vertrauensvoller Privatatmosphäre – ohne Öffentlichkeit; ein Gespräch auf Augenhöhe, das liebevoll ermahnt, aber nicht aburteilt.
Versuche – wenn die Fronten verhärtet sind – ein Gespräch unter Hinzuziehung von weiteren Gesprächsteilnehmern, um die Situation zu klären; und erst, wenn alles Reden nichts nützt, erst dann geh in Öffentlichkeit. Dieses Ringen um eine gute Lösung, das Ringen im Gespräch, die mitmenschliche Ermahnung, soll nicht zur Spaltung der Gemeinde führen, sondern zur Einheit. Ringen um die richtigen Worte, Worte, die den Menschen dienen – das ist Seelsorge von Mensch zu Mensch.
Wohltuende Worte und aufbauende Begegnungen – Schlüsselerlebnisse, die verschlossene Türen und Menschenherzen öffnen können. Im Evangelium vor zwei Wochen wurden Petrus allein die Schüssel des Himmelreiches zugesprochen: „was du auf Erden binden wirst, das wird [auch] im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird [auch] im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,19). Bischöfe und Priester leiten daraus ihren besonderen Seelsorgeauftrag ab: Sie haben die Binde- und Lösegewalt und das Recht im Namen Jesu Christi Vergebung zuzusprechen oder sie zu verweigern. Für manche ist dieser Satz auch Schlüssel zur Macht: Ich bestimme, was gemacht wird; frei nach dem Motto: Jetzt red i – andere haben (mir) nichts zu sagen; und Laien und Frauen schon gar nicht: Aus, Schluss, Basta – Dialog auf Augenhöhe und synodaler Weg in der Sackgasse.
Ein echter Dialog sieht anders aus und klingt auch anders, nämlich so: Jetzt red i – mit dir. Dialog ist nie einseitig, sondern reden und zuhören. Zuhören und reden, darum geht es in der Seelsorge und bei Gemeindegesprächen, auch wenn sie brisante Themen beinhalten. Jetzt red i – mit dir. Das ist eine Aufgabe, die in der Gemeinde alle angeht, Frauen und Männer, Kinder, Jugendliche und Alte – und nicht nur den Gemeindeleiter. Sie alle stehen mit in der Verantwortung, wie es im heutigen Evangelium heißt: „Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 18,18). Sie alle haben qua Taufe als Christinnen und Christen ein Wörtchen mitzureden und gemeinsame Lösungen zu den drängenden Fragen der Zeit suchen – dazu sind wir berufen; wir alle.
Jetzt red i – ich mach jetzt Schluss und nach dem Gottesdienst sind Sie dran; wegen Corona mit dem nötigen Abstand und mit Maske. Ich freu mich schon auf ihre Rückmeldung und höre ihnen gerne zu. AMEN.
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