Liebe Freunde und Bekannte!
Heute am Fest des heiligen Bonifatius, dem Apostel der Deutschen, und immer noch bewegt vom Pfingstfest heute der Tagesimpuls, der versucht Gedanken meiner Predigt von Pfingstmontag und den heiligen Bonifatius zusammenzubringen.
„Wenn er aber kommt…?“ – „Dann reisen wir aus.“
So lautet die Antwort beim Kinderspiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann.“ Wenn aber der Beistand kommt…, der Geist der Wahrheit, dann laufen wir hoffentlich nicht weg, sondern öffnen uns für ihn.
Wie er aussieht…?
Vielleicht so – bzw. eine mögliche menschliche Hülle um den Heiligen Geist herum:
- Imposante Erscheinung aus dem 8. Jh.: Missionar der Deutschen, der hl. Bonifatius – er war groß, überragte andere Menschen um Haupteslänge. Er kam von der Insel, war angelsächsischer Missionar – und für manche wirklich zum fürchten.
- Als Mönch lebte er in der Nachfolge Jesu Christi – diesen Glauben wollte er weitergeben, als Glaubensverkünder auf dem Kontinent. Europa war zwar schon christianisiert – aber es gab viel Aberglauben und auch die germanischen Gottheiten wurden (noch) verehrt.
- Begeisterter und begeisternder Prediger und Glaubensverkünder – mit Axt und Evangelium. Die Fällung der sogenannten Donareiche – als Sitz der germanischen Gottheit Donar ist legendär.
- Bonifatius war ein Reformer – er wollte die Reformation, die Wiederbelebung des christlichen Glaubens, dafür gründete er viele Klöster. Und er wollte eine Reform der Bistumsstruktur in Deutschland – äußere und innere Reformation für einen lebendigen Christusglauben.
Wenn wir das Fest des heiligen Bonifatius kurz nach Pfingsten feiern, dann passt das sehr gut zusammen. Mit Pfingsten bricht etwas Neues an und nimmt eine neue Gestalt an – die Kirche, die Gemeinschaft gelebten Glaubens. Die Jüngerinnen und Jünger und auch wir lassen uns ein auf den, der „Leben schafft“, auf den „Schöpfer Geist“. Wir lassen uns von ihm „formen“ und Gottes Geist unter uns „wirken“.
Schaffen, schöpfen, formen – im Lateinischen gibt es für dieses kreative Tun ein Verb: formare. Dieses formare ist kein einmaliger Akt, sondern ist dynamischer Prozess. Immer wieder ist diese Formatio, diese Neuprägung nötig, damit Kirche und Glauben lebendig bleiben. Unsere Kirche braucht diese Re-Formation, denn sonst ist sie tot, sonst fehlt ihr das Leben, wenn sie sich nicht wieder und wieder von Gottes lebendig machenden Geist reformieren lässt. Die Kirche braucht die Re-Formation und Reformen, damit sie überleben kann.
Es gilt der Satz, der sich immer wieder in der Kirchengeschichte gezeigt hat: Ecclesia semper reformanda– die Kirche ist eine immer sich Erneuernde. Progressiven Reformkatholiken und auch so manchen Bischöfen fällt viel ein, was in der Kirche zu erneuern wäre – Konservative Kreise benennen dagegen viele Punkte, die ihnen jetzt schon zu weit gehen und die zurück-geformt werden müssten; sie verstehen Reformation als eine Wieder-Herstellung und Fixierung des Alten als Alleingültigen.
Ecclesia semper reformanda – die Kirche ist eine immer sich Erneuernde – und doch spüren wir nur selten etwas davon, weil wir nur auf das Menschliche bauen, weil wir in unserer progressiven oder konservativen Position gefangen und erstarrt sind, wenn wir die Kirche und den Glauben nicht schon längst aufgegeben haben, weil sie – wie viele heute meinen – von gestern, überholt und uralt ist, weil sich eben nichts tut und Stillstand eingekehrt ist, weil sie viele nicht mehr anspricht, weil sie viele nicht (mehr) begeistern kann.
Eine kleine Sensation war das schon vor drei Jahren nach 500 Jahre Reformation: Über Jahrhunderte habe sich Evangelisch und Katholische Kirche die Köpfe eingeschlagen und sich verbal abgekanzelt. 2017 war das anders: das Reformationsgedenken ist ein gemeinsames Christusfest. Erneuerung im Glauben, neue Lebendigkeit für die christlichen Kirchen geschieht nur mit, in und durch Jesus Christus und dem Wirken des Heiligen Geistes. Dabei den Andersgläubigen auf die je eigene Seite ziehen zu wollen, bringt nichts – es ist ein lähmendes Gegeneinander, ist kräfteraubender Stillstand.
Das bringt’s: Mit Blick auf Christus an einem Strang zu ziehen, in versöhnter Verschiedenheit, die den anderen anerkennt, respektiert und das eigene und liebgewonnene nicht aufgeben muss – wir als Katholiken müssen also nicht evangelischer werden, sondern vielmehr Evangeliengemäßer leben, uns an der Frohen Botschaft ausrichten und die Fülle der Sakramente Leben, die Jesus Christus und geschenkt hat. Für diese versöhnte Verschiedenheit in, mit und durch Jesus Christus gibt es einen Grund: „Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist“ (Eph 4,4-6).
Als Christinnen und Christen haben wir alle denselben Gott und Vater, seinen Mensch gewordenen Sohn und den Hl. Geist – durch die Taufe gehören wir zu dieser dreifaltig-einen Familie.
Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird das Wirken des guten Schöpfergottes in unserer Welt spürbar und neue Lebendigkeit in, durch und mit Christus. Wenn wir uns wie der Heilige Bonifatius darauf einlassen uns dem Wirken des Heiligen Geistes überlassen, dann sind wir nicht von allen guten Geistern verlassen, sondern haben das entscheidende, dass sich etwas bewegt, auch in unseren Kirchen – miteinander und nicht gegeneinander.
Ihnen/Euch wünsche ich diese Offenheit für Gottes Geist und die Offenheit füreinander!
Dieter G. Jung
Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau
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