Tagesimpuls

 

Liebe Pfarrangehörige, liebe Freunde und Bekannte!

 

„Gründliches Händewaschen mit Seife dauert so lange wie ein Vater unser“,

sagte der Moderator zum Abschluss des bewegenden Papst-Gottesdienstes am vergangenen Freitag. „Beides ist wichtig in diesen Tagen.“ Recht hat er.

 

Und ich mache es wirklich, oft spreche ich beim Händewaschen auch ein Vater unser.

Die Hände werden gereinigt, sauber und auch Corona-Viren haben keine Chance.

Sauberkeit und Reinheit haben auch ihren Ort im Vater unser in der fünften Bitte, in der es um Schuld und Vergebung geht:

 

„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

 

Wenn ich die Bitte ernst nehme, dann ist sie zugleich Auftrag für mich, Menschen, an denen ich schuldig geworden bin, zu vergeben und Wege der Versöhnung und des Friedens zu suchen.

Oft sieht es bei mir aber ganz anders aus: Ich habe Entschuldigungsmechanismen für mein Tun, um ja nicht die eigenen Fehler eingestehen zu müssen; Schuld sind immer die anderen: die Umstände, andere Personen, die günstige Gelegenheit etc.

 

Die Vater unser-Bitte fordert mich heraus, zur eigenen Schuld, zum eigenen Versagen zu stehen – das ist wie der ehrliche Blick in den Spiegel beim Händewaschen. Da hilft es nicht, „Schönheitsfehler“ mit Make up zu übermalen (… mache ich als Mann eh nicht…) – ehrlicher wäre es, zu diesen sichtbaren „Fehlern“ zu stehen und sie anzunehmen und auch zu meinem Fehlverhalten, das man von Außen oft auf den ersten Blick gar nicht sieht.

Gewissenserforschung ist gefragt.

 

Dazu haben wir Menschen ja den Geist der Erkenntnis von gut und böse, dass wir unser Leben reflektieren, dass wir nachdenken über unser Reden, Denken und Tun – nicht über die Taten und Untaten der anderen, sondern jeder und jede über seine/ihre eigenen. Ja wenn das so ist, dann mache ich eben nichts mehr, dann mache ich auch keine Fehler! Falsch gedacht, denn auch im Nicht-Tun und im Nichtstun kann ich schuldig werden, wenn ich das Gute unterlasse!

 

Wir Menschen haben den freien Willen, das Gute zu tun. Dieser freie Wille bedingt aber auch, dass der Mensch, jeder Mensch im Umgang mit sich selbst, an der Schöpfung und an anderen Mitgeschöpfen und vor Gott schuldig werden kann.

 

Es geht darum, für mein Fehlverhalten, für meine Schuld, Verantwortung zu übernehmen – und auch darum, diese Fehler wieder gut zu machen, um Vergebung zu bitten und Verzeihung zu gewähren, soweit das möglich ist. Leicht ist er nicht, dieser ehrliche Blick in den „Gewissensspiegel“ – aber er ist notwendig für gelingendes Leben, vor allem wenn ich mir und anderen meine Schuld eingestehe und mein Leben ändere und in bessere Bahnen lenke.

 

Das Gleichnis vom barmherzigen Vater (vgl. Lk 15,11-32) zeigt mir am Beispiel das liebenden Vaters die Annahme des jüngeren „verlorenen Sohnes“ trotz seiner Schuld und vor aller Leistung – und am Beispiel dieses Sohnes das Überdenken seines Lebens und seiner Schuld und die reumütige Umkehr zurück in die offenen Armen des Vaters. Ob der zweite, der ältere „verlorene Sohn“ sich ebenfalls so öffnen kann, ob er dem Bruder und dem Vater verzeihen kann, ob er selbst umkehren kann von seinem Nur-an-sich-Denken erzählt die Bibel nicht – es ist eine Einladung an mich, darüber nachzudenken und mein Leben und Verhalten zu bedenken.

 

Ich lese heute das Gleichnis vom „barmherzigen Vater“ und den „beiden verlorenen Söhnen“ im Lukasevangelium im 15. Kapitel die Verse 11 bis 32 und versetzte mich nacheinander in die verschiedenen Rollen hinein und spüre dem nach, wie es der jeweiligen Person geht – vielleicht habe ich ja ähnliches in meinem Leben erlebt...

 

In einem Gebet bringe ich meine Gedanken und die Gewissenserforschung vor Gott – ein Vater unser und das folgende ein Segensgebet auf Basis von Ps 86,15-17 kann mein Beten beschließen.

Du aber, Herr, bist ein barmherziger und gnädiger Gott, langsam zum Zorn und reich an Huld und Treue. Wende dich mir zu und sei mir gnädig, gib mir in meiner Schwäche deine Stärke und neues Ansehen, rette deinen Sohn/deine Tochter aus aller Schuld. Wirke an mir ein Zeichen zum Guten! Schenke mir den Mut mich selbst zu kennen und den Mut zur Vergebung!

Dazu gib mir deinen Segen + im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Für viele ist das schmerzlich: Derzeit sind das Sakrament der Versöhnung und Beichtgespräche aufgrund der Corona-Pandemie nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht möglich.

Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) von 1997 empfiehlt dann, Gott voll Vertrauen reumütig die volle Wahrheit zu sagen und um Vergebung zu bitten und sobald als möglich (… also am Besten nach der Corona-Pandemie…) eine sakramentale Beichte abzulegen (vgl. KKK 1451 und 1452).

 

 

Ihnen/Euch alles Gute beim „Blick in den Spiegel“ – Gottes Segen und Gesundheit

Dieter G. Jung

Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau

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